Nach ca. 600 Kilometern durch Manitoba – das muss man sich mal vorstellen: Einmal durch fast ganz Deutschland fahren und alles sieht gleich aus – erreichten wir Saskatchewan. Da habe ich unterwegs schon einige Male trübsinnig aus dem Fenster geblickt und mir gedacht: was tu ich hier eigentlich. So sehr hat mich diese Fahrt runtergezogen. Ich redete mir ein, solche Momente müssen sein, um die tollen Augenblicke im nach hinein noch mal zu würdigen – In Ruhe sacken zu lassen und sich auf das Kommende zu freuen.
Gegen Abend verließen wir den Highway, ruckelten über die Pisten und fanden einen grossen Parkplatz mit Wiesen und Feuerstellen.Romy bekam ihre Rutsche vom Lasterdach, ich malte mit Kreide den Asphalt um den Frosch herum bunt an und der Spielplatz war perfekt. Das lockte bald ein Mädchen an, dessen Eltern ein paar Ecken weiter Entspannung bei was zu rauchen suchten. War ja nett, dass sie uns auch was anboten, aber es schockierte mich schon, dass sie Tori so lange Zeit unbeaufsichtigt herumstreunern liessen. Romy und Tori spielten trotz grösserem Altersunterscheid und unterschiedlicher Sprachen zusammen. Diese Momente lassen mich immer wieder schmunzeln und erfreuen. Jeder spricht auf den anderen ein, kein Wort wird verstanden, die Kommunikation klappt trotzdem wunderbar und alle haben Spass dabei. Ich genoss derweil die Ruhe, beseitigte das Chaos in unserem kleinen Zuhause, was sich tagtäglich so ansammelt, Thorben kochte draussen Schinkennudeln und dann aßen wir alle vier zusammen. Da haben wir doch gleich mal deutsche Küche der kanadischen Urbevölkerung vorgestellt, und ich hatte ein gutes Gefühl, das meiner Meinung nach etwas vernachlässigte Mädchen gut umsorgt und beaufsichtigt zu haben. Zum Abschied – es war schon später Abend, wurde Tori abgeholt und schenkte Romy noch ihr Spielzeug. Ein Spiel-& Lerncomputer auf Englisch.
Der nächste Tag wurde genutzt um ordentlich Strecke zu machen, nur kurz gönnten wir uns eine Pause in Indian Head. Dort gab es eine richtige Bäckerei mit Cafe, selbstgebackenem Schokokuchen und Eclairs, bevor es weiter Richtung Regina ging.
In Regina war das erste Ziel Mercedes-Benz. Die Frage nach einer neuen Lichtmaschine wurde mit: 1300 Dollar und 2-4 Wochen Wartezeit beantwortet. Dann doch mal lieber nach einer Werkstatt suchen, die uns das Teil wiederaufbereitet. Wir fragten an, bekamen eine Adresse von einer anderen Werkstatt, die das könnten. So ging das bestimmt 6 7 mal. 3 Kilometer fahren, Geschichte erzählen, neue Adresse bekommen und weiter zum nächsten Mechaniker. Letztendlich, schon total entnervt, fanden wir was wir suchten. Nun musste noch ein nahegelegener Campingplatz her um die Lichtmaschine auszubauen und wir stehen bleiben konnten, bis das Teil fertig aufbereitet war.
Der hässlichste Campingplatz wurde es dann. Wir buchten 3 Nächte, wussten ja nicht wie lange die Reparatur dauern würde – zumal es schon Donnerstag war. Paradox ist das ja schon: die längste Zeit in Kanada an einer Stelle verbrachten wir bis dato an einem überfüllten, heruntergekommenen Platz direkt am Highway. Und das für ein Schweinegeld.
Thorben baute die Lichtmaschine aus – nach Hilfe musste er gar nicht fragen – kaum war die Motorhaube offen, lag auch schon der Nachbar unter dem Frosch.
Am nächsten Morgen radelte Thorben mit 25 Kilo im Rucksack zur Werkstatt. Unerwartet konnte er schon gegen Nachmittag des selben Tages erneut hinfahren und das gute Stück wieder abholen. Super Arbeit, fix erledigt, und günstiger als der Campingplatz. Es war also Freitag, und wir hatten noch 2 Tage auf dem Platz rumzubekommen. Bezahlt war bezahlt. Die Zeit wurde genutzt um endlich mal Wäsche zu waschen & Blog zu schreiben
das Science Museum anzusehen
und auf Montag zu warten, um die Royal Canadian Mountain Police zu besuchen. Der Campingplatz war zwar nix, aber es gab einiges zu sehen und wir hatten sehr nette Nachbarn (z. B. jedesmal, wenn wir uns aufs Fahrrad setzten um Einzukaufen oder eine Tour zu machen, wollten sie uns mit ihrem Pickup fahren).
An einem Abend gesellten sich Holger und Natascha zu uns. Holger, gebürtiger Augsburger, ausgewandert nach Florida machte mit seiner Freundin eine Blitztour auf dem Motorrad nach Alaska. Mit den beiden grillten wir unsere deutschen Würste von Manfred aus Ontario.
Eines Nachts hat es geregnet, und dann war der Himmel seit Tagen wieder klar. Die Brände waren zum Glück gelöscht oder der Rauch zog nun in eine andere Richtung. Endlich Montag – wir machten uns auf zur Trainings Academy der Mounties. Von Montag bis Freitags kann Mittags an der Parade teilgenommen werden. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen durften wir auf das Gelände, mit dem Hinweis, nur auf den offiziellen Wegen zu laufen und die Mounties wegen der Privatsphäre nicht mit Gesicht abzulichten. Ich hab mich fast an alles gehalten, wie der Rest der Gruppe auch. Die Parade begann vielversprechend mit Pauken und Trompeten. Dann marschierten alle in Reihe, einige Obersheriff´s schrien herum und den Rest der 30 Minütigen Darbietung wurde stillgestanden und gelegentlich gestampft.
Wieder auf dem Highway, verliessen wir diesen rasch und fuhren in den südlichsten Teil von Saskatchewan in Richtung Cypress Hills Provincial Park / Alberta.
Kaum auf der Piste, fanden wir, an was wir schon fast keine Hoffnung mehr verschwendet haben. Die Prärie. Unglaublich. Wunderschön. Es war nicht zu glauben, noch in Kanada zu sein. Eher habe ich mich in die Südstaaten der USA versetzt gefühlt. Farmen, Rinderherden auf riesigen Wiesen und Weiden. Sanfte Hügel, Ölpumpen und eine Bullenhitze.
Bevor wir ohne es zu merken nach Alberta einreisten, hatten wir noch eine Begegnung, die jedem Reisenden wiedereinmal bestätigt, was daran unter anderem das Salz in der Suppe ist.
In Gravelbourg, ein kleines Nest mitten im Nirgendwo, fanden wir Abends einen Stellplatz. Auf dem Parkplatz der Kirche. Immer wieder hielten Autos und es fand das übliche Interview statt. Woher, wohin.
Dann kam Arielle. Wir unterhielten uns eine Weile und dann fuhr sie wieder. Wenig später war sie wieder da, mit ihrem kleinen Sohn Sander und brachte uns unglaublich viele Sachen mit, um etwas der kanadischen Lebensmittel kennenzulernen. Sie arbeitet für ein kleines Geschäft, dass lokale, biologische Lebensmittel ausliefert. Ähnlich wie die Ökokiste. Was war das denn alles? Waterkiefer (fermentierte Kiefernnadeln), Gemüse, selbstgemachter Sauerkrautsalat und Apfelmus, Beeren und verschiedene Salate. Und für Romy ein englisches Kinderbuch. Da ist man sprachlos.
Liebe Arielle: Falls Dir Deine deutsche Oma das vorlesen sollte: Jeden Tag haben wir eine Kleinigkeit davon gegessen und genossen, uns daran erfreut und an Dich gedacht. Vielen Dank für alles, es war ein schöner Abend mit Euch.
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